Vorvertragliche Anzeigepflicht

Der Antragsteller ist verpflichtet, alle ihm bekannten gefahrerheblichen Umstände, nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, wahrheitsgemäß und vollständig anzuzeigen. Wenn nach der Vertragserklärung (Antragstellung), aber vor der Vertragsannahme des Versicherers in Textform nach gefahrerheblichen Umständen gefragt wird, ist der Antragsteller bzw. Versicherungsnehmer auch dann zur Anzeige verpflichtet.

Welche Folgen können eintreten, wenn eine vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt wird?

1. Rücktritt und Wegfall des Versicherungsschutzes
Wird die vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten. Dies gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer nachweisen kann, dass weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit vorliegt. Bei grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht hat der Versicherer ein Rücktrittsrecht, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte.

Im Fall des Rücktritts besteht kein Versicherungsschutz. Erklärt der Versicherer den Rücktritt nach Eintritt des Versicherungsfalles, bleibt er dennoch zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass der nicht oder nicht richtig angegebene Umstand

  • weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles
  • noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers
    ursächlich war. Die Leistungspflicht des Versicherers entfällt jedoch, wenn die Anzeigepflicht arglistig verletzt wurde. Bei einem Rücktritt steht dem Versicherer der Teil des Beitrags zu, welcher der bis zum Wirksamwerden der Rücktrittserklärung abgelaufenen Vertragszeit entspricht.

2. Kündigung
Kann der Versicherer nicht vom Vertrag zurücktreten, weil die vorvertragliche Anzeigepflicht lediglich einfach fahrlässig oder schuldlos verletzt wurde, kann der Versicherer den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat kündigen. Das Kündigungsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte.

3. Vertragsänderung
Kann der Versicherer nicht zurücktreten oder kündigen, weil er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Gefahrumständen, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte, werden die anderen Bedingungen auf Verlangen des Versicherers Vertragsbestandteil. Hat der Versicherungsnehmer Anzeigepflichten fahrlässig verletzt, werden die anderen Bedingungen rückwirkend Vertragsbestandteil. Wurde die Anzeigepflicht schuldlos verletzt, werden die anderen Bedingungen erst ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil.

Erhöht sich durch die Vertragsänderung der Beitrag um mehr als 10% oder schließt der Versicherer die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, kann der Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers über die Vertragsänderung fristlos gekündigt werden. Auf dieses Recht muss der Versicherer in seiner Mitteilung hinweisen.

4. Ausübung der Rechte durch den Versicherer
Der Versicherer kann seine Rechte zum Rücktritt, zur Kündigung oder zur Vertragsänderung nur innerhalb eines Monats schriftlich geltend machen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem der Versicherer von der Verletzung der Anzeigepflicht, die das vom Versicherer geltend gemachte Recht begründet, Kenntnis erlangt. Bei der Ausübung seiner Rechte hat der Versicherer die Umstände anzugeben, auf die er seine Erklärung stützt. Zur Begründung kann er nachträglich weitere Umstände angeben, wenn für diese die Frist nach Satz 1 nicht verstrichen ist.

Der Versicherer kann sich auf die Rechte zum Rücktritt, zur Kündigung oder zur Vertragsänderung nicht berufen, wenn er den nicht angezeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte. Seine Rechte zum Rücktritt, zur Kündigung und zur Vertragsänderung erlöschen mit Ablauf von fünf Jahren nach Vertragsschluss. Dies gilt jedoch nicht für Versicherungsfälle, die vor Ablauf dieser Frist eingetreten sind. Die Frist beträgt zehn Jahre, wenn die Anzeigepflicht vorsätzlich oder arglistig verletzt wurde.

5. Stellvertretung durch eine andere Person
Lässt der Versicherungsnehmer sich bei Abschluss des Vertrages durch eine andere Person vertreten, so sind bezüglich der Anzeigepflichten, des Rücktritts, der Kündigung, der rückwirkenden Vertragsänderung, der Anfechtung und der Ausschlussfrist für die Ausübung der Rechte des Versicherers sowohl die Kenntnis und Arglist des Stellvertreters und des Versicherungsnehmers zu berücksichtigen. Eine Berufung, darauf dass die Anzeigepflicht nicht Vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt worden ist, kann nur erfolgen, wenn weder dem Stellvertreter noch dem Versicherungsnehmer Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt.

Datum der letzten Änderung: 22.05.2015


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