Überversicherung

Von Überversicherung spricht man in der Sachversicherung, wenn die vereinbarte Versicherungssumme den tatsächlichen Versicherungswert der Sache übersteigt. Obwohl dann höhere Prämien gezahlt werden, ist die Entschädigung im Schadenfall auf den tatsächlichen Schaden begrenzt. Ein finanzieller Vorteil entsteht dem Versicherungsnehmer dadurch nicht.

Versicherungswert und Versicherungssumme

Der Versicherungswert beschreibt den Wert der versicherten Sache, typischerweise als Neuwert (Wiederbeschaffungs- oder Wiederherstellungswert) oder als Zeitwert. Die Versicherungssumme ist der vertraglich festgelegte Betrag, bis zu dem der Versicherer leistet. Liegt die Versicherungssumme dauerhaft über dem realen Versicherungswert, liegt Überversicherung vor.

Ursachen

Falsche Wertermittlung bei Vertragsbeginn, pauschale Sicherheitsaufschläge ohne spätere Korrektur, zwischenzeitliche Wertminderungen (Alterung, technische Veraltung), Umstellungen von Neuwert auf Zeitwert ohne Anpassung der Summe oder Doppelzählungen bei Inventarlisten führen häufig zur Überversicherung.

Folgen im Schadenfall

Entschädigt wird höchstens der eingetretene Sachschaden, begrenzt durch den tatsächlichen Versicherungswert. Die überhöhte Versicherungssumme erhöht zwar die Prämie, steigert aber nicht die Auszahlung. Bei Teilschäden wird der Reparatur- oder Wiederbeschaffungsaufwand ersetzt, soweit er den Versicherungswert nicht übersteigt.

Prämien- und Vertragsfolgen

Überhöhte Summen führen zu vermeidbar hohen Beiträgen. Wird die Überversicherung erkannt, kann die Summe auf den korrekten Wert reduziert werden; oft lässt sich die Prämie ab dem Änderungszeitpunkt anpassen. Eine rückwirkende Erstattung zu viel gezahlter Beiträge ist vertraglich oder gesetzlich nur eingeschränkt vorgesehen.

Abgrenzung zur Unterversicherung

Unterversicherung liegt vor, wenn die Versicherungssumme unter dem Versicherungswert liegt. Dann wird der Schaden nur anteilig ersetzt. Bei Überversicherung besteht kein Quotenschaden, aber unnötige Prämienlast. Ziel ist stets eine realistische, wertgerechte Summenermittlung.

Besonderheiten nach Deckungsart

Neuwertdeckung: Maßstab ist die Wiederbeschaffung oder Wiederherstellung in gleicher Art und Güte. Wird die Summe deutlich über dem realen Neuwert festgelegt, entsteht Überversicherung.


Zeitwertdeckung: Maßstab ist der Wert unter Berücksichtigung von Alter, Abnutzung und Zustand. Eine Zeitwertpolice mit Neuwertsumme führt faktisch zur Überversicherung, ohne den Auszahlungsrahmen zu erhöhen.


Erstrisiko: Bei Erstrisikodeckungen wird eine feste Summe ohne Wertnachweis vereinbart. Hier ist die klassische Über- oder Unterversicherung im strengen Sinn weniger relevant, wichtig bleibt dennoch die Angemessenheit der Summe.

Vermeidung und Korrektur

Regelmäßige Wertüberprüfung durch Inventur und Bewertung, Nutzung von Summenermittlungsbögen und Indexklauseln, Aktualisierung nach Zu- oder Abgängen, klare Trennung zwischen Gebäude- und Inhaltswerten, Prüfung von Sublimits und Kostenbausteinen (zum Beispiel De- und Remontage, Entsorgung). Bei sinkenden Werten Summe zeitnah anpassen und dokumentieren.

Praxisbeispiel

Ein Betriebsinhaltsvertrag ist mit 500.000 Euro abgeschlossen, der tatsächliche Neuwert des Inventars beträgt jedoch nur 380.000 Euro. Bei einem Totalschaden erhält der Versicherungsnehmer maximal 380.000 Euro, obwohl die Prämie auf 500.000 Euro kalkuliert war. Eine frühzeitige Summenreduktion hätte Beiträge gespart, ohne den Schutz zu schmälern.

Fazit

Überversicherung belastet die Prämie, verbessert aber nicht die Entschädigung. Wer den Versicherungswert realistisch ermittelt und fortlaufend pflegt, vermeidet unnötige Kosten und sorgt für passgenauen Schutz in der Sachversicherung.

Datum der letzten Änderung: 12.09.2025


Begriffe aus dem Index: Ä

Begriffe aus dem Index: Ü