Vorvertragliche Anzeigepflicht

Die vorvertragliche Anzeigepflicht verpflichtet Antragsteller, alle gefahrerheblichen Umstände vollständig und wahrheitsgemäß mitzuteilen, damit der Versicherer Risiko, Prämie und Bedingungen korrekt beurteilen kann. Sie gilt während der Anbahnung bis zur Annahme des Antrags und erfasst sowohl ausdrücklich gestellte Fragen als auch offenkundig risikorelevante Tatsachen.

Was gilt als gefahrerheblich

Gefahrerheblich sind Umstände, die Eintrittswahrscheinlichkeit oder Schadenhöhe beeinflussen oder die Annahmeentscheidung verändern können. Beispiele: Vorschäden, Schadenverlauf, Nutzung und Standort, Sicherungs- und Wartungskonzepte, technische Daten und Zustand der versicherten Sachen. Bei Photovoltaik zählen etwa Anlagengröße, Montageart, Statik- und Brandschutzkonzept, Überspannungsschutz, Speichereinbindung, Dokumentation von Inbetriebnahme- und Prüfprotokollen.

Zeitlicher Rahmen

Die Pflicht beginnt mit der Antragstellung und dauert bis zur Annahme oder Ablehnung des Antrags. Ändern sich risikorelevante Angaben in dieser Phase, sind sie unverzüglich zu korrigieren. Nach Vertragsbeginn greifen je nach Bedingungen die Regelungen zu Risikoänderung, Gefahrerhöhung und laufenden Auskunfts- und Mitwirkungspflichten.

Form und Nachweise

Die Angaben erfolgen schriftlich bzw. in Textform im Antragsprozess. Sinnvolle Belege sind Rechnungen, Seriennummernlisten, Fotos, Pläne, Wartungs- und Prüfprotokolle, Gutachten sowie Vorversicherungs- und Schadenverläufe. Eine nachvollziehbare Dokumentation beschleunigt die Annahme und reduziert Rückfragen.

Folgen bei Verstößen

Die Rechtsfolgen richten sich nach Schwere des Verstoßes und Kausalität:

Praxisbeispiele

Photovoltaik: Nichtangabe eines Vorschadens an der Photovoltaikanlage (z. B. am Wechselrichter) oder das fehlen eines geforderten Überspannungsschutzes. Kommt es später zu einem Überspannungsschaden, kann der Versicherer je nach Kausalität die Leistung kürzen oder den Vertrag anpassen.


Gebäude: Umnutzung eines Dachbodens zur Werkstatt mit erhöhter Brandlast vor Annahme, ohne Meldung. Der Versicherer kann Annahme und Prämie neu bewerten oder den Antrag ablehnen.

Best Practices

Fragen vollständig beantworten, unklare Sachverhalte schriftlich erläutern, Änderungen bis zur Annahme aktiv nachmelden, risikorelevante Unterlagen geordnet beifügen, Beratungs- und Gesprächsnotizen aufbewahren und Eingangsbestätigungen sichern. Bei komplexen Risiken empfiehlt sich ein strukturiertes Risikoexposé mit Fotos und Plänen.

Abgrenzung zu verwandten Pflichten

Die vorvertragliche Anzeigepflicht betrifft die Initiative des Antragstellers vor Annahme. Davon zu unterscheiden sind die Auskunftspflicht auf Nachfrage des Versicherers, Obliegenheiten während der Laufzeit (zum Beispiel Wartung, Sicherungen) und Anzeigepflichten bei Risikoänderung nach Vertragsbeginn.

Fazit

Die vorvertragliche Anzeigepflicht ist Grundvoraussetzung für eine faire und stabile Risikoübernahme. Vollständige, belegbare Angaben verhindern spätere Leistungsstreitigkeiten und führen zu einem passgenauen, tragfähigen Versicherungsschutz.

Datum der letzten Änderung: 15.09.2025


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